Montag, 31. März 2014

JVA Landsberg: Der Sternendieb wartet auf Uli

Frau Groß wirkt nett. Mit ihr würde man sich gerne auch mal zum Kaffee treffen und über die Nachbarn, die Kollegen oder das TV-Programm lästern. Frau Groß ist aber nicht zum Kaffee trinken hier. Sie ist die Leiterin des Landsberger Gefängnisses und hat die Aufgabe, 156 Journalisten aus ganz Europa die JVA zu zeigen, in der bald Uli Hoeneß sitzen wird. Offiziell heißt das dann "Informationstag".

Auf den ersten Blick wirkt das Gefängnis wie ein in die Jahre gekommenes Schullandheim. Erst mit der Zeit nimmt man wahr, was das eigentlich Beklemmende ist: Stets ist man von meterhohen Mauern und Stacheldraht umgeben. Ein Blick aus dem Fenster ist nicht möglich, ohne Gitterstäbe vor der Nase zu haben. Eine JVA ist eine Stadt in der Stadt. Es gibt 17 Betriebe im Landsberger Gefängnis. Von der Wäscherei und der Bäckerei über die Metzgerei bis hin zur Kfz-Werkstatt. Dort kann übrigens jeder sein Auto hinbringen, die Werkstatt ist ein ganz normaler Meisterbetrieb, in dem zwischen 7 und 15.30 Uhr Häftlinge arbeiten. Die Werkzeuge werden jeden Abend nachgezählt. Nur damit keiner auf dumme Gedanken kommt...

Es besteht Arbeitspflicht für die Insassen, Faulenzen gilt nicht. Akademiker haben dabei allerdings das Nachsehen, denn Think Tanks, hippe Werbeagenturen oder Architekturbüros gibt es in der JVA als Arbeitgeber nicht. Der Durchschnittslohn beträgt am Tag satte 11 Euro. In schicke Anzüge brauchen die Häftlinge das aber nicht zu investieren, denn in der JVA ist die Kleiderordnung festgelegt: Das Sträflingsoutfit in dezentem dunkelblau ist Vorschrift.

Mehrmals die Woche besteht die Möglichkeit, Sport zu treiben. Es gibt mehrere Fußball-Teams, auch spezielle Ü40-Mannschaften. Neuankömmlinge dürfen nur gleich mitmachen, wenn ein Platz frei ist. Ansonsten kommen sie auf die Warteliste. Und was wäre, wenn - sagen wir mal - ein prominenter Ex-Fußballer in den Knast kommen würde, dürfte der dann eventuell als Manager oder Trainer seiner Mannschaft agieren und eine unschlagbare Gefängnis-Truppe formen, die sich ohne Niederlage den Titel sichert? "Nein", schüttelt Frau Groß den Kopf. Solche Aufgaben seien einzig und allein dem "Sportbeamten" vorbehalten.

Um 5.50 Uhr werden die Häftlinge in Landsberg durch ein lautes Signal freundlich, aber bestimmt geweckt. Das Abendessen holen sie sich schon um 15.40 Uhr. Da das aber ohnehin nur eine Brotzeit ist, nehmen es die Insassen mit auf die Zelle und speisen dort wann sie mögen. Die Hauptmahlzeit gibt es Mittags. Heute stand Schinkennudeln mit Salat auf dem Speiseplan. Das Essen sei ordentlich, hört man. So ordentlich, dass es neuerdings die Regel gibt: Jeder darf sich nur ein Mal anstellen. Etliche Hungrige hatten vor geraumer Zeit mehrmals aufgeladen, was dazu führte, dass Nachzügler gänzlich leer ausgingen. Die Freude darüber hielt sich bei ihnen in Grenzen.

In der Gefängnis-Bücherei derzeit sehr angesagt: Star Wars Episode 1 und - irgendwie passend - der "Sternendieb" von Colin Greenland.

Die Zellen selbst sind winzig, acht Quadratmeter, die Matratze ist hart. In der Zelle, die ich besichtige, hängt ein selbst gemachtes Bild an der Wand: Der Abdruck von Kinderhänden, darüber steht "Papa, wir lieben dich". Daneben hängen ein paar nackte Frauen aus dem Playboy.
Hoeneß wird anfangs übrigens in einer Zweier-Zelle liegen. Das sei für Neuankömmlinge normal und jeder Gefangene werde gleich behandelt.

Anschließend Pressekonferenz. Man sieht namhafte Reporter wie den Afghanistan-Erfahrenen Steffen Schwarzkopf. Die Mikro-Situation ist nur unzureichend gelöst, weshalb zig Reporter sich vor den beiden Boxen drängen, um ihr Mikro davor zu halten und aufzunehmen. Als dann klar ist, dass eine Box nicht funktioniert, bricht vor allem bei den TV-Jungs Panik aus. Doch alles wird gut, Frau Groß erzählt nach dem offiziellen Teil alles nochmal für die Radio- und TV-Teams.

In der JVA Landsberg saß ja auch bereits ein gewisser Adolf Hitler. Seine Zelle existiert nicht mehr. Sie ist heute einer der Betriebe.

Nach über drei Stunden haben die Journalisten alles gesehen und alle Fragen  - tatsächlich waren kaum blöde Fragen bei der Pressekonferenz dabei - gestellt. Jetzt öffnet sich das schwere Eisentor, die Journalisten dürfen wieder nach draußen. Viele ziehen weiter zum stattlichen Haupteingang, um dort noch eine Anmoderation für ihren Beitrag zu sprechen. Das Eisentor geht wieder zu. Die 500 Insassen bleiben. Um 15.40 Uhr gibt es Abendessen.


Montag, 17. März 2014

Wahl-Bilanz: Hypnose-Blicke und schwarz-grünes Abtasten

Eigentlich hatte ich den 30. März schon als Arbeitstag im Kalender stehen. Eine Stichwahl in Augsburg galt als durchaus wahrscheinlich. Seit gestern Abend ist klar, dass ich diesen Tag auf der Couch, im Café oder sonstwo verbringen kann.  Und 200.000 Wählerinnen und Wähler ebenso.

Der Wahlkampf selbst war für Journalisten eher mühsam, denn die griffigen Themen gab es schlicht und einfach nicht. Der Kö ist fertig und der Verkehr läuft passabel, das Eisstadion ist jetzt (zum großen Teil zumindest) erneut umgebaut und kommt gut an, auf der einspurigen Friedberger Straße blieb der Verkehrskollaps aus und die Baustellen werden langsam weniger, auch wenn neuerdings eine Art A8 über den Rathausplatz verläuft. Kein leichter Job für die Opposition also. Acht Herausforderer waren dann im Endeffekt sogar positiv für den OB, da sie sich gegenseitig die Stimmen für eine mögliche Stichwahl genommen haben.

Jetzt also dann die Bildung der neuen "Stadtregierung". Kurt Gribl will mit allen sprechen - außer der Linkspartei und der AfD. Mit wem zuerst? Das komme schlicht und einfach darauf an, wer wann Zeit habe, so der OB. Von CSU-Verantwortlichen hört man oft das Wort "Stabilität", wenn es um ein neues Bündnis geht. Das stabilste hätte man zweifellos mit der SPD. Eine Augsburger GroKo also. Mit Gribl als OB und Kiefer als Bürgermeister. Die Abneigung, die beide füreinander empfinden, wäre wohl überwindbar. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten: Wie wäre es mit Schwarz-Grün? Was in München schon lange diskutiert wird, könnte auch in Augsburg zur Sprache kommen. Allerdings nicht als Zweier-Bündnis, ein dritter Partner müsste mit ins Boot. Wieder Pro Augsburg? Nicht zwingend. Die CSM wäre ja auch noch da. Bei den Grünen entscheiden am Mittwoch die Mitglieder über das weitere Vorgehen. Bleibt das Personal und die künftige Aufteilung der Referate. Die CSU-Referenten Eva Weber, Hermann Köhler und Gerd Merkle gelten als gesetzt, auch Rainer Schaal dürfte keine allzu schlechten Aussichten haben. Sozialreferent Weinkamm dagegen ist ein Wackelkandidat. Auch mit den Referenten will Gribl bald das Gespräch suchen. Fehlgriffe wie 2008 die Herren Böhm und Bubmann sollen vermieden werden.

Diejenigen, die wählen waren, haben immerhin fleißig von ihrem Recht Gebrauch gemacht, Stimmen zu verteilen. Und haben die "Wahlvorschläge" der Parteien dabei stellenweise ganz schön durcheinander gewirbelt. Dass sich Leo Dietz bei der CSU wieder massiv nach vorne arbeiten würde, fällt auf, kommt aber wenig überraschend. Erstaunlich ist dagegen der sensationelle Aufstieg des Inklusions-Aktivisten Benedikt Lika um 26 (!) Plätze auf Rang 9. Dass es auch in die andere Richtung gehen kann, musste Florian Zach erfahren, der von 18 auf 32 runtergewählt wurde. Bei der SPD macht die stets gut gelaunte Siglinde Wisniewski einen Sprung von 8 auf 4. Das Ergebnis von Pro Augsburg ist enttäuschend, das Ergebnis von Anna Tabak ist dennoch eine Überraschung. Sie springt von 9 auf 5 und hat durchaus noch Chancen auf ein Stadtratsmandat. Ein Kollege meinte kürzlich, ihr Blick auf den Plakaten wirke hypnotisierend. Vielleicht lag's daran. Dass Wahlplakate eben doch etwas bringen, sieht man auch bei der CSM. Kinan Salameh verpasst zwar den Sprung in den Stadtrat, arbeitet sich aber von der 19 uf die 6 vor. Etwas traurig bin ich zugegebenermaßen, dass meine Lieblings-Kandidaten, die ich für eine Reportage begleitet habe, den Sprung verpasst haben (Ich hoffe, es lag nicht daran...): René Sack (CSU) und Ingrid Schaletzky (SPD). (Das Endergebnis liegt übrigens noch nicht vor, Stand 19 Uhr 17.03.14)

Bleibt letztlich noch der Plakat-Dschungel in der Stadt: Mit gutem Beispiel geht der wohl künftige Stadtrat Peter Schwab voran, der gestern Nacht noch sämtliche Plakate von sich eingesammelt hat. Bravo!