Montag, 14. September 2015

Tradition, Leidenschaft und Absurditäten: Augschburg und sein AEV

Dieser Beitrag ist Teil der Augsburger Blogparade. Tolles Projekt, schön dabei zu sein!
Infos: https://ichbinaugsburg.wordpress.com/
 
Im Jahr 1878 ist so einiges passiert. Der deutsche Kaiser wird bei einem Attentat verwundet. Die Stadt New Haven verfügt über das weltweit erste Telefonbuch - mit 50 Einträgen. Robert Chesebrough entkommt dem Bankrott, indem er seine Erfindung Vaseline als Marke registrieren lässt. Und: In Augsburg wird der älteste Eislauf treibende Vereins Deutschlands gegründet: Der AEV.
137 Jahre später hat gerade die neue Saison in der Deutschen Eishockey Liga begonnen. Die Panther, wie die Profi-Mannschaft seit 1994 offiziell heißt, haben den Start leider vergeigt. Niederlagen gegen Krefeld zu Hause und in Ingolstadt beim Erzfeind. Muss nichts heißen, immerhin liegen noch 50 Spiele vor dem Team. 15 neue Spieler, neuer Trainer, neuer Co-Trainer, neuer Torwarttrainer, dazu ein Fitnesscoach und ein Ernährungsberater: Eigentlich sollte unter dem Motto "Reset" heuer alles besser werden. Kann ja noch werden, braucht halt Zeit.

Fußbodenheizung zum Trocknen und weinende harte Jungs

Die Fans sind ohnehin leiderprobt, sie kennen das Prozedere nur zu gut: Jedes Jahr müssen sie sich an neue Namen gewöhnen. Die schlechten Spieler schickt der Klub in die Wüste, die guten werden meist von der finanzkräftigeren Konkurrenz weggekauft. Trotzdem kommen im Schnit 4800 Zuschauer zu den Heimspielen, feiern ihre Mannschaft und feuern sie leidenschaftlich an. Größter Erfolg: Die Vizemeisterschaft im Jahr 2010.
Als Berichterstatter hat man schon viel erlebt in den letzten Jahren (Oh Gott, es sind echt schon 18 Jahre...). Vor allem die ausländischen Spieler sind immer für Geschichten gut. Viele sind Vollprofis, einige wollen eher als Touri Europa erkunden und nebenher noch ein bisschen Eishockey spielen. Wenn sie zum Beispiel den Trockner in der Wohnung nicht kapieren, deshalb lieber die Fußbodenheizung voll aufdrehen und die Klamotten zum Trocknen auf den Boden legen. Oder bei der Auto-Übergabe klarstellen, dass sie natürlich mit Gangschaltung fahren können. Man sei ja nicht doof. Und dann unter ächzendem Kupplungs-Dröhnen nicht vom Fleck kommen. Oder der gestandene Stürmer aus Kanada, der nach seiner Ankunft sich mit dem Auto im Augsburger Straßendschungel so verfahren hat, dass er sofort (!) weinend um Vertragsauflösung bat und einen Tag später wieder weg war.

"Wo ist der Puck? Und warum ist da eine 80er-Disco?"

Auch die Optik des Curt-Frenzel-Stadions hat in den letzten Jahren gefühlt so oft gewechselt wie die Spieler. Seit 1936 in Betrieb, 1971 überdacht. 2010 - naja, wie soll man es nennen? - umgebaut. Und zwar so, dass die Fans stellenweise ein Drittel des Eises nicht mehr sehen konnten und Augsburg zur bundesweiten Lachnummer wurde. Der Umbau vom Umbau ist jetzt zumindest größtenteils fertig. Die Außenfassade - einst als leuchtende Eisscholle angekündigt - strahlt zwar wie eine Billig-Disco aus den 80ern, aber drinnen ist es durchaus schön. Und: Vor allem nicht mehr so kalt. Als letztes offenes Stadion der Liga hatte es im Winter gerne mal -20 Grad während der Spiele. Eingefrorene Münder der Reporter oder vereiste Übertragungs-Kabel inklusive. Es gibt auch Fans, die sagen, Saukälte gehöre zum Eishockey dazu. Die breite Masse an Leuten bekommt man aber dann halt nicht ins Stadion...
Das Stadion ist zentrumsnah und hat Flair. Meine ersten Spiele habe ich als Schüler 1994 gesehen - das Aufstiegsjahr - und seitdem habe ich nicht allzu viele Heimspiele verpasst. Jahrelang bin ich nach den Auswärtsspielen im Mannschaftsbus mit zurück nach Augsburg gefahren. Und was während der Fahrten in dem Bus abgeht, ist der helle Wahnsinn - nämlich nichts. Gar nichts. Die Jungs schlafen, hören Musik oder spielen Karten.
Eishockey und besonders die Panther sind faszinierend. Diese dynamische Sportart verbunden mit der Eishockey-Tradition in unserer Stadt und einem familiären Klub: Augsburg und der AEV gehören einfach zusammen. Wie Pech und Schwefel. Oder Siegfried und Roy. Oder Homer und Marge.
Und in dieser Saison wird's der neue Coach mit seinem witzigen Sprach-Mix aus Englisch und Österreichisch auch noch richten!


Tolle Choreographie der Panther-Fans vor dem ersten Heimspiel: Die verstorbene AEV-Legende Paul Ambros.